10. Mettenhofer Kulturtage - Ein Rezitationsabend mit Thomas Wunder und Andreas Ludwig
Das Auf und Ab des Lebens – Paradestücke aus fünf Jahrhunderten
Ein Rezitationsabend mit Thomas Wunder und Andreas Ludwig
Zum Auftakt der10. Mettenhofer Kulturtage konnte man wieder Herrn Thomas Wunder engagieren, der im vergangenen Jahr hier in der Kulturscheune des Hof Akkerboom mit der Winterreise von Heinrich Heine einen Abend bestritt, der mit den Worten endete: : "Was sich in jener Wundernacht des Weiteren zugetragen, erzähl ich Euch ein andermal, in warmen Sommertagen".
Nun war er wieder da, auf Einladung des "Literaturkreises Mettenhof". Diesmal mit musikalischer Unterstützung und Begleitung von Andreas Ludwig.
Mit einem Intro von Andreas Ludwig setzte Thomas Wunder mit den einladenden Worten „Gehe in dich zurücke“ eines Gedichtes von Paul Fleming aus der Barockzeit um 1600, ein, bevor die Achterbahnfahrt der Gefühle begann.
Mit den drei Sommergedichten von Rainer Maria Rilke nahm dieser Abend langsam an Fahrt auf und mit den drei Liebestragödien von Christian Morgenstern „Bim Bam Bum“ und Joachim Ringelnatz „Der Briefmark“ und „Der Nagel“ - in dem alte Liebe nicht rostet - ging es erst einmal fröhlich weiter.
Über die Kraft der Liebe und über die innere Befreiung sinnierte im nachfolgenden Gedicht Andreas Ludwig, dem musikalischen Begleiter von Thomas Wunder, der gleichzeitig mit einer meditativen Melodie auf seiner Gitarre den Text in seiner Wirkung unterstützte.
Die "Sachliche Romanze" von Erich Kästner durfte in diesen ausgesuchten Reigen nicht fehlen.
„Und wieder eine Nacht“ von Thomas Wunder berichtet über vergessenes Glück und steckt voller trauriger Melancholie.
Kurt Tucholski’s Beobachtungen und Gedanken nach einem Besuch eines „Lichtspielhauses“ über ein Pärchen in dem Berlin-Lied „Danach“, gab Eindrücke darüber, wie der weitere Lebenslauf dieses Pärchens hätte verlaufen können.
Die Jüdin Selma Meerbaum-Eisinger, die schon im frühen Alter von 18 Jahren verstarb, läßt in ihrem Gedicht „Es sind meine Nächte“ Blätter zu Helden und Flocken zu Tränen werden.
Die Dichterin Mascha Kaleko stammte ursprünglich aus Galizien. „Blatt im Wind“ und „Frühlingsgefühle eines Berliner Hausmädchens“ sind freche Gedichte, die von Claire Waldorf, einer berühmten Berliner Kabarettistin, interpretiert und zur Nazi-Zeit verboten wurden.
Über den Kulturverfall und einigen bekannten Beispielen aus der heutigen Zeit berichtet Thomas Wunder in einigen Beispielen ausführlich (Katzenberger, DSDS, Dschungel-Camp).
Doch auch Kurt Tucholski konnte schon zu seiner Zeit einen gewissen Verfall beschreiben in dem er sich „An das Publikum“ richtete: „Sag mal, bist du wirklich so dumm, verehrtes Publikum“
Bevor es in die Pause ging, brachte Thomas Wunder das Publikum mit seiner Eigenkomposition „Ich nehm mein Herz in die Hand“ schon auf den Vorgeschmack zur zweiten Hälfte des Abends.
Mit den romantischen Worten eines Christian Hofmann von Hofmannswaldau von 1669 „Was ist die Welt und ihr berühmtes Glänzen“ ging es über in Kurt Tucholsky's Gedanken über in die Situation "Wenn die Börsenkurse fallen" und über den Kreislauf des Geldes. Mit der Intonation von dem Welthit "Money makes the world go around" unterstrich Andreas Ludwig diesen bitterbösen Text Tucholskys von 1930.
Rainer Maria Rilke durfte in dieser Sammlung nicht fehlen. Die Einführung von Thomas Wunder über versteckte Botschaften in Rilkes Texten erforderte eine hohe Konzentration beim Publikum. Mit sieben Gedichten von 1903 wurde diese dann auch beim Publikum geprüft. Hier konnte man feststellen, dass auch Liebesgedichte harte Kost sein können.
Belohnt wurde man danach mit einer Zeitreise nach Paris in das Jahr 1462. Francois Villon, ein Lebemann, Hurenbock und Zuhälter legte sich des Öfteren mit der Bourgeoisie an. Zweimal wurde er deswegen zum Tode durch den Strick verurteilt und entkam zweimal dem Galgen. Drei Stücke von ihm waren an diesem Abend von Thomas Wunder zu hören, indem er das Seelenleben dieses Lebenskünstlers auf seine Weise interpretierte.
Mit den aus Schleswig-Holstein stammenden Dichtern Friedrich Hebbel ("Sommerbild") und Detlef von Liliencron ("Wolkenschatten") wurden auch Dichter aus heimischen Gefilden vorgestellt, wonach es mit dem weltberühmten
Hermann Hesse mit "Stufen" und seinem "Verlorenen Klang" - der Bilder aus der Vergangenheit erscheinen ließ, die trösten können - melancholisch und verträumt weiterging.
Viel Beifall erhielt die Eigenkomposition von Andreas Ludwig mit dem Titel "Tanz mein Mütterchen tanz". "Frei sein wie der Wind" dies sollte man nicht nur im Kindesalter sein, sondern auch dieses Gefühl mit ins hohe Alter nehmen.
Man kennt vielleicht das Gefühl, etwas schon einmal erlebt zu haben. Mit so einem Gefühl und unerfüllten Seelenbildern konfrontierte Kurt Tucholsky 1925 mit "Kennen Sie das Gefühl" seine Zuhörer. Ein Deja vú der ganz besonderen Art.
Vertraut wurde man an diesem Abend auch mit der Kuss-Technik aus der Zeit um 1600 in dem Lied "Wie er wolle geküsset sein".
Auch eine Hochzeit durfte an diesem Abend nicht fehlen. Doch bei "Zickenschulzes Hochzeit" von Freddie Sieg aus dem Jahre 1924, nahm der Verlauf nicht das gewünschte Ende, auf das man gehofft hätte. Mit diesem Stück und der Zugabe "Salambo" von Klaus Hoffmann, wurden die beiden Künstler, mit viel Applaus vom Publikum, in die laue Herbstnacht entlassen. Auch mit der Bitte im nächsten Jahr zu den Kulturtagen wieder zu erscheinen.
Die schönsten ausgesuchten literarischen Perlen von Thomas Wunder aus fünf Jahrhunderten wurden zu einem amüsanten Cocktail gemixt, der an diesen Abend das Publikum in die Höhen und Tiefen, Leiden und Freuden der Liebe taumeln ließ. Es wurde ein Abend voller Poesie über die Facetten der Liebe!
Wilfried Likuski (Text + Fotos)
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