Heinrich Heine: Deutschland - ein WintermärchenEin vergnüglicher Rezitationsabend mit Thomas Wunder.Zur Auftaktveranstaltung der 9. Mettenhofer Kulturtage mußten zusätzliche Sitzgelegenheiten aufgestellt werden, denn der "Literaturkreis Mettenhof" hatte zu einem literarischen Abend in der Kulturscheune auf dem Hof Akkerboom geladen. In seiner Begrüßungsrede kündigte Dieter Schunck den 1957 geborenen "Echten Kieler Jung" Thomas Wunder an. Thomas Wunder lebt heute in Altenkirch im Westerwald und besucht gelegentlich seine Eltern, die im Stadtteil Mettenhof zu Hause sind. Doch der Anlaß an diesem Abend war die Aufführung des Gedichtepos "Deutschland - Ein Wintermärchen" des Dichters und Erzählers Heinrich Heine (1797 - 1856). In seiner Einführung erklärte Thomas Wunder dem werten Publikum die Entstehung dieses Versepos, dessen äußerer Rahmen eine Reise von Paris nach Hamburg darstellt und die Folgen, die die Veröffentlichung dieses Werkes nach sich zog. Denn Satire war in diesen Zeiten verpönt, wurde zensiert und deren Urheber teilweise unter Strafe gestellt. Was dann auch Heinrich Heine zu spüren bekam. |
|
Mit einleitender Marschmusik begann die Einreise von Frankreich nach Deutschland an einem trüben Tag im November 1843. Mit trüber Stimme begann Thomas Wunder dieses Epos, doch der Klang der Deutschen Sprache nach Grenzübertritt läßt sein Herz und seine Stimme in höhere Gefilde sich erheben, die eine gewisse Ironie beherbergt. Traumwandlerisch ging es nach der Pause weiter. In seinen Träumen knöpfte sich Heinrich Heine den Rotbart Barbarossa vor. Mit getragener Stimme vorgetragen - eine apokalyptische "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" besungen von Hans Albers, tönt aus dem Lautsprecher. Die Göttin hat ihm Tee gekocht und Rum hinein gegossen. Sie spricht - sanft aber bestimmt - will Heine zum Bleiben bewegen. Wehmütig spricht sie zu ihm über ihre Vergangenheit und bietet ihm einen Blick in den Zauberkessel an. "Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier" mit diesen Worten und einem sonderbaren Lachen schreckte sie ihn nicht, den Kopf hineinzustecken und die Zukunft zu erblicken. Düster der Gestank, die Stimme gesenkt: "Was meine Nase je geahnt - ich konnt es nicht länger ertragen". "Den Deckel drauf " - die Göttin singt: "Bleib bei mir". Schon hört man Hochzeitsgeläut. Bürgermeister und Diplomaten geben sich die Ehre. |
Thomas Wunder schloß dieses Epos mit den Worten: "Was sich in jener Wundernacht des Weiteren zugetragen, erzähl ich Euch ein andermal, in warmen Sommertagen". Das kann man vielleicht sogar wörtlich nehmen, denn vom Westerwald bis nach Kiel ist es nicht weit. Das so zahlreiche erschienene Publikum an diesem Abend würde es ihm danken. Wilfried Likuski ( Text + Fotos ) |
Heinrich Heine: Deutschland - ein Wintermärchen
Ein vergnüglicher Rezitationsabend mit Thomas Wunder.
Zur Auftaktveranstaltung der 9. Mettenhofer Kulturtage mußten zusätzliche Sitzgelegenheiten aufgestellt werden, denn der "Literaturkreis Mettenhof" hatte zu einem literarischen Abend in der Kulturscheune auf dem Hof Akkerboom geladen.
In seiner Begrüßungsrede kündigte Dieter Schunck den 1957 geborenen "Echten Kieler Jung" Thomas Wunder an. Thomas Wunder lebt heute in Altenkirch im Westerwald und besucht gelegentlich seine Eltern, die im Stadtteil Mettenhof zu Hause sind.
Doch der Anlaß an diesem Abend war die Aufführung des Gedichtepos "Deutschland - Ein Wintermärchen" des Dichters und Erzählers Heinrich Heine (1797 - 1856).
In seiner Einführung erklärte Thomas Wunder dem werten Publikum die Entstehung dieses Versepos, dessen äußerer Rahmen eine Reise von Paris nach Hamburg darstellt und die Folgen, die die Veröffentlichung dieses Werkes nach sich zog. Denn Satire war in diesen Zeiten verpönt, wurde zensiert und deren Urheber teilweise unter Strafe gestellt. Was dann auch Heinrich Heine zu spüren bekam.
Mit einleitender Marschmusik begann die Einreise von Frankreich nach Deutschland an einem trüben Tag im November 1843. Mit trüber Stimme begann Thomas Wunder dieses Epos, doch der Klang der Deutschen Sprache nach Grenzübertritt läßt sein Herz und seine Stimme in höhere Gefilde sich erheben, die eine gewisse Ironie beherbergt.
Gereizt wirkt seine Stimme bei der Durchsuchung seines Gepäcks nach kompromittierenden Inhalten. Zensur gibt uns die geistige Einheit - doch die Bücher in seinem Kopf finden sie nicht. Es ertönt der Radetzkimarsch.
In Aachen ankommend, wurde mit steifer Stimme zelebrierend, die dortigen Zustände kommentiert. Langeweile, pedantisches preußisches Volk und Militär selbst die Pickelhaube wurden aufs Korn genommen.
In Köln angekommen tobte Thomas Wunder sich erstmalig so richtig aus. Einhalt gab es
erst, als der altbekannte Karnevalsschlager "Mer lasse den Dom in Kölle" erklang. Eine Zwiesprache gab es anschließend mit "Vater Rhein", den er mit rheinischer Mundweise verklärte. Dunkel und unheimlich wurde es in der Mondnacht in Köln als Wunders Stimme in das Schattenreich der deutschen Seele abtauchte.
Mit einem Hoch! auf die germanische Küche an einem gedeckten Tisch in Hagen zelebrierte Thomas Wunder die genußvolle Beziehung der Westfalen zum Essen so, daß das Wasser dem geneigten Zuhörer im Munde zusammenfloß.
Wehmütig vorgetragen wurden Erinnerungen an die lieben guten Westfalen in einem Gasthaus in Unna. Erneut ertönte Musik.
Der Teuteburger Wald ist eng verbunden mit dem Cheruskerfürst. Die gewonnene Schlacht und ein Was-wäre-wenn-Gedeutel mit dieser Vergangenheit, verleiten zu spektakulären Annahmen. Im nächtlichen Wald läßt Thomas Wunder es mit den Wölfen krachen und bekennt sich rührend zu ihnen.
Die Sonne ging auf bei Paderborn. Schwermütiges, Beleuchtendes und Hintersinniges zur Bergpredigt. Singend, klingend, seufzend, säuselnd, schreiend das Lied: "Sonne - du klagende Flamme", das Zwiegespräch der Königstochter und dem Pferdekopf des einst geliebten Falada
und die Alte, die den Geist vom Rotbart heraufbeschwor, trieben Thomas Wunder noch vor der Pause zu stimmgewaltigen Höchstleistungen.
Traumwandlerisch ging es nach der Pause weiter. In seinen Träumen knöpfte sich Heinrich Heine den Rotbart Barbarossa vor. Mit getragener Stimme vorgetragen - eine apokalyptische
Verzauberung des Kyffhäuser und seiner Bewohner. Doch auch der Rotbart blieb in Heines Traum nicht untätig. Ihn interessierten die Geschichten aus der Oberwelt und die genaue Funktion einer Guillotine. Technisch und kühl vorgetragen erregt es Barbarossa umso mehr, daß dies gegen alle Etikette verstößt und der Träumer dabei in Ungnade verfällt. Ein Fazit - nüchtern vorgetragen - läßt das Mittelalter gedanklich wieder auferstehen.
Minden. Bedrohliche Alpträume beginnen den Reisenden zu plagen. Zischende Schlangenköpfe, Gendarmen in Leichenlaken, Geier die dem preußischen Adler gleichen. Schweißtreibend durchdringt die Stimme des Erzählers den Raum. Erst draußen, auf bückeburg'schem Boden in der freien Natur verblaßte der Fiebertraum.
Vom Fürstentum Bückeburg ging es über Harburg nach Hamburg. Dort - mit milder und fürsorglicher Stimme - die Mutter, fragend. Bei Fisch, Gänsefleisch und Apfelsinen wurden die Antworten allerdings ausgelassen. Treffen mit Verleger Campen beim Abendessen mit Rheinwein und Austern - Sehnsuchtsstimmung nach verwandten Seelen macht sich breit und ein tiefes Bedürfnis nach Liebe wird intoniert - auf der Drehbahn in Hamburg. Erotisierend und fordernd - die Bekanntschaft einer Hamburger Deern, der Heine verfällt.
"Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" besungen von Hans Albers, tönt aus dem Lautsprecher.
Die Göttin hat ihm Tee gekocht und Rum hinein gegossen. Sie spricht - sanft aber bestimmt - will Heine zum Bleiben bewegen. Wehmütig spricht sie zu ihm über ihre Vergangenheit und bietet ihm einen Blick in den Zauberkessel an. "Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier" mit diesen Worten und einem sonderbaren Lachen schreckte sie ihn nicht, den Kopf hineinzustecken und die Zukunft zu erblicken. Düster der Gestank, die Stimme gesenkt: "Was meine Nase je geahnt - ich konnt es nicht länger ertragen". "Den Deckel drauf " - die Göttin singt: "Bleib bei mir". Schon hört man Hochzeitsgeläut. Bürgermeister und Diplomaten geben sich die Ehre.
Thomas Wunder schloß dieses Epos mit den Worten: "Was sich in jener Wundernacht des Weiteren zugetragen, erzähl ich Euch ein andermal, in warmen Sommertagen".
Das kann man vielleicht sogar wörtlich nehmen, denn vom Westerwald bis nach Kiel ist es nicht weit. Das so zahlreiche erschienene Publikum an diesem Abend würde es ihm danken.
Stimmgewaltig, nuanciert und einfühlsam führte Thomas Wunder die Zuhörer durch ein Kapitel Deutschlands und einem Stück Zeitgeschichte. Unter viel Beifall der Anwesenden verabschiedete sich der Künstler abschließend.
Wilfried Likuski ( Text + Fotos )
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!