Sa16Apr 
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16 April 2016


Des warmen Felsen Lieder

Ein lyrischer Abend mit Elena Schmidt-Arras

Mit ihren raffinierten ausgeklügelten Stimmen-Arrangements zog Elena Schmidt-Arras an diesen Abend die Zuhörer in ihren Bann, deren Reigen sie mit zwei schwedisch-traditionellen Weihnachtsliedern eröffnete.
Mit einem Mehrspurgerät - der sogenannten Loop-Station - erzeugte sie den mehrstimmig überlagerten Sound, der die Besucher an diesen Abend angenehm begleitete.


Dieser Abend sollte aber auch über die Facetten der Liebe gehen, die in Gedichten und Geschichten ihren Ausdruck fanden.

Mit den zwei Gedichten "Morgenwonne" und "Brief in die Sommerfrische" von Joachim Ringelnatz begann der lyrische Teil der Veranstaltung. Das danach intonierte traditionelle Flirtlied aus Schweden erzählte von einem Wiedersehen eines Ehemannes mit seiner Frau nach langer Zeit.


"Es war ein König in Thule", ein bekanntes Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe, handelt von einer Liebe zur Trunkenheit und deren Ende.

 

 

 

Elena Schmidt Arras 1
 

Elena Schmidt-Arras mit Sansula auf Hof Akkerboom

 

Mit der Sansula, einem Instrument aus Afrika, schmückte Elena Schmidt-Arras ihre 4 Gedichte von Else Lasker-Schüler romantisch verklärt mit einem Drang zur Traurigkeit aus. "Meinlingchen", "Höre", "Maiglöckchen" und "Du machst mich traurig - hör" drangen, durch den Klang der Sansula verstärkt, bis tief in die Seele der Zuhörer vor und gaben den Worten eine eigene besondere Energie.
Zur Sansula muß man sagen, daß sie, vereinfacht dargestellt, aus einem mit Trommelfell bespannten Holzring besteht, auf den der Klangblock einer Kalimba montiert ist. Dadurch erreicht man einen raumerfüllenden besonderen Klang.
Die Namensgebung für diesen Abend, "Des warmen Felsen Lieder", beruht auf einem folkloristischen Tanzlied aus Schweden, daß mit einem mitschwingendem Rhythmus vorgetragen wurde.
Die anschließende Ballade von Rainer-Maria Rilke von "Orpheus, Eurydike und Hermes" war einer der Höhepunkte dieses Abends. Untermalt durch ihre mehrfachen Loops und unter dem Einsatz der Sansula, kam das Gedicht im Gewande des Übernatürlichen und Unheimlichen daher.
Über die Trunkenheit eines Köhlerweibes ging es in einem Gedicht von Gottfried Keller, das zu der Weise eines schwedischen Hirtenliedes vorgetragen wurde. Die Auswahl eines Bräutigams und der Verfall in die Trunksucht endete dabei jäh.
Nach Else Lasker-Schüler mit ihren Stück über "Die Sonne" ging es anschließend in die Pause.

Über eine Liebesromanze zwischen einem Ritter und seiner Angebeteten wird in "Donna Clara" von Heinrich Heine berichtet, an deren Ende es eine überraschende Wendung gibt.

"Der Heideknabe" - ein mörderisches Gedicht von Friedrich Hebbel - kam mit einer unheimlichen Dramatik an, die einen beim Zuhören erschauern ließ.
Zur Auflockerung nach dieser Anspannung sorgte danach der Vortrag des schwedischen Klassikers "Drei weiße Tauben".
Ein weiteres Highlight begann mit dem Titel "Ingvar Kamprad aus Elmtarysd in Agunnaryd" - besser bekannt unter dem Kürzel IKEA. Diese Geschichte aus dem Buch "Rudernde Hunde" von Bernd Schröder & Elke Heidenreich berichtet über eine schwedische Leidenschaft. Die Überlebensstrategie des Regals BILLY wurde noch getoppt von der Feststellung, daß es in dem besagten Möbelhaus an Särgen fehlte. Doch da hatte man die Rechnung ohne die Darsteller in dieser Posse gemacht.
Mit einem norwegisches Scherzlied über einen gehörnten Liebhaber wollte Elena Schmidt-Arras diesen Abend ausklingen lassen, doch durch den vehementen Applaus ließ sie sich zu zwei Zugaben hinreißen.

 

 

 

 

Mit "Meine Rose, meine Lilie" einem weiteren schwedischen Volkslied und dem Gedicht von Ringelnatz "Ein Nagel saß in einem Stück Holz" endete ein unvergleichlicher Abend, den keiner der Anwesenden so schnell in dieser dargebrachten Form vergessen wird.

Ein Nagel saß in einem Stück Holz
Der war auf seiner Gattin sehr stolz.
Die trug eine goldene Haube
und war eine Messingschraube.
Sie war etwas locker und etwas verschraubt,
sowohl in der Liebe, als auch überhaupt.
Sie liebte ein Häkchen und traf sich mit ihm.
In einem Astloch, sie wurden intim.
Kurz eines Tages entfernte sie sich,
und ließ den armen Nagel im Stich.
Der arme Nagel bog sich vor Schmerz,
noch niemals hatte sein eisernes Herz
so bittere Leiden gekostet.
Bald war er beinahe verrostet.

Da aber kehrte sein früheres Glück,
die alte Schraube wieder zurück.
Sie glänzte über das ganze Gesicht,
ja, alte Liebe rostet nicht.

Joachim Ringelnatz (1883 - 1934)

 

Wilfried Likuski (Text + Foto)
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