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- 28 September 2016
Lesung mit Roswitha-Christina Steinweh
Am 26.09.2016 war Roswitha - Christiana Steinweh wieder im Stadtteilcafé der AWO und hat den Gästen vorgelesen. Von Eugen Roth über Uwe Timm bis hin zu Erich Kästner waren Geschichten und Gedichte in ihrem Repertoire. Wie immer hat R. Steinweh fantastisch gelesen. Sie betont das Gelesene so lebhaft und auf den Punkt, dass man gar nicht anders kann, als ihr zuzuhören. Zudem sind die Geschichten meistens lustig, dass einem das Lächeln während der Lesung erhalten bleibt. Nun kann man hier nicht auf alle Geschichten eingehen, aber auf eine doch. Sie passt so sehr in unsere Zeit. Es geht um Vorurteile, die durch eigene Denkstrukturen gebildet werden. Ich versuche, sie sinngemäß wieder zu geben. |
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Das Gehirn von Heinz ratterte, so eine Frechheit, da klaut der mir einfach die Suppe. Wie der aussieht, ist das bestimmt ein Penner, ein Obdachloser und dazu noch ein Afrikaner, das geht ja gar nicht. Und Heinz steigerte sich in seine Wut hinein. Dann sagte er sich, das wollen wir doch mal sehen, deutsch spricht der doch auch nicht, tauchte seinen Löffel in die Suppe und aß mit. Der schwarze Mann sah ihn an, sagte aber nichts. Dann aßen sie die Suppe gemeinsam auf. Als sie alle war, stand der Afrikaner auf und ging zur Essensausgabe. Dort holte er einen Teller Spagetti. Heinz dachte, was denn jetzt, denkt der etwa ich bezahle das Essen auch noch? Der hat doch bestimmt kein Geld. So ein Schnorrer, war ja typisch. Doch der Afrikaner bezahlte das Essen und Heinz staunte nicht schlecht. Eigentlich sieht er gar nicht aus, wie ein Penner, dachte Heinz. Die Kleidung war normal und sauber. Ja, eigentlich war sein Äußeres O.K. Dann kam der Fremde mit dem Teller zum Tisch zurück. Er schob die Spagetti in die Mitte des Tisches und forderte ohne Worte zum Mitessen auf. Dann verspeisten beide auch die Spagetti gemeinsam. Als sie fertig waren, schaute Heinz zum Nebentisch, wo ein Teller Suppe einsam und verlassen stand. Ein tiefes Gefühl der Peinlichkeit stieg in Heinz auf. Er hatte seinen Irrtum erkannt. Dann sagte der Fremde, hallo ich heiße Marcel in astreinem Deutsch. Beide brachen in schallendes Gelächter aus. Und Marcel sagte noch, vielleicht können wir uns hier ja mal wieder treffen zum Essen. Heinz nickte und beide grinsten sich fröhlich an.
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Ja, diese Geschichte regt zum Nachdenken an. Bestimmt hat sich fast jeder schon mal in so einer oder ähnlichen Situation befunden. Vorurteile entstehen immer im Kopf. Gut, dass sie manchmal verscheucht werden können. Text und Foto: Heidi Venker Redaktion mettenhof.de
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