Ein Gespräch mit einer Muslima
Vor einigen Tagen wollte ich ein bisschen in den Grünanlagen gegenüber des Bergenrings spazieren gehen. Weil ich immer noch nicht wirklich gut zu Fuß bin, steuerte ich die erste Bank an dem großen Spielplatz an.
Dort saß eine Dame in Vollverschleierung. Ich setzte mich zu ihr und wir schwiegen zunächst mal.
Dann kam ein kleines Mädchen dazu, das offensichtlich die Tochter der Dame war. Ich fragte sie, ob sie denn gar nicht in der Schule sein müsste. Schüchtern sagte sie, dass sie erst am Mittwoch eingeschult werden würde. Das nahm ihre Mutter zum Anlass , mit mir ins Gespräch zu kommen.
Also unterhielten wir uns über dies und das. Stolz zeigte sie mir die Sachen, die sie für ihre Tochter zum Schulanfang gekauft hatte. Ich sagte ihr, dass sie schöne Dinge gekauft habe. Und so ging unsere Unterhaltung immer weiter.
Sie sagte, dass sie aus Ägypten gekommen seien. Jetzt lebten sie zwei Jahre in Deutschland. Ich fiel fast vom Glauben ab, denn dafür sprach sie wirklich ein sehr gutes Deutsch. Ich merkte auch gleich, dass hier eine Frau mit Bildung neben mir saß. Ihr Mann sei in der Stadt zur Arbeit sagte sie noch.
Und dann fragte ich sie, warum sie diesen Gesichtsschleier trug. Sie schaute mich an und fragte, ob es mich stören würde.
Ja, in sofern, als dass ich Ihr Gesicht nicht sehen kann und ich nicht weiß, mit wem ich mich hier so nett unterhalten habe, sagte ich. In meiner Kultur ist es üblich, sich ins Gesicht zu schauen, um zu sehen, wie das Gegenüber reagiert auf manche Dinge. Körpersprache ist eine wichtige Ausdrucksform, wozu das Gesicht zweifellos auch gehört.
Darauf antwortete sie, dass ihr Mann auch gesagt hat, sie soll den Schleier abnehmen, weil sie ihn hier nicht braucht. Sie hätte es versucht, konnte es aber nicht. Seit sie zwölf Jahre alt ist trägt sie ihn und kann sich so schlecht umgewöhnen. Aber sie sagte auch, dass sie es weiter versuchen möchte. Irgendwann wird sie ihn ablegen.
Dann haben wir uns voneinander verabschiedet und ich ging meiner Wege. Doch ich musste immer wieder an diese Frau denken, weil sie mir eine Seite gezeigt hatte, die ich nicht kannte bzw. mir nie Gedanken darüber gemacht hatte. Zumindest kannte ich jetzt einige Hintergründe zu diesem Thema.
Meine Erkenntnis lautet: redet miteinander und die Dinge stellen sich anders da, als gedacht.
An diesem Tag habe ich einige Vorurteile abgebaut. Denn immerhin saß neben mir eine liebenswürdige und sehr gebildete Frau.
Sie hatte es nicht verdient, dass man über sie schlecht redete, nur weil sie eine Vollverschleierung trug.
Text: Heidi Venker
Redaktion mettenhof.de