Informationen und Zahlen zum Übergang Schule – Beruf – Studium
Berufliche Orientierung und Schulabschluss in Pandemiezeiten: Das sind Herausforderungen nicht nur für Schüler*innen, sondern auch für die Stadtverwaltung und andere Einrichtungen, die die jungen Leute auf diesem Weg unterstützen. Zum fünften Mal legt die Landeshauptstadt Kiel jetzt einen Bildungsreport vor. Dabei richtet das städtische Bildungsmanagement den Fokus auf den Übergang von der Schule in Beruf oder Studium in der besonderen Zeit der Corona-Pandemie. Der neue Report ist zu finden unter www.kiel.de/bildungsregion.
Der Bildungsreport 2021 betrachtet die Situation am Übergang von der Schule in Ausbildung, Studium oder Arbeit in den letzten beiden Jahren anhand von drei Messgrößen. Der Report wertet aus, wie viele Schüler*innen nach den Gemeinschaftsschulen und einigen Bildungsgängen der Regionalen Berufsbildungszentren einen Schulabschluss erlangt haben, wie vielen direkt nach der Schule ein Anschluss gelungen ist und wie viele nach der Schule eine Ausbildung begonnen haben.
Unter anderem ist zu erkennen, dass sich zuletzt mehr Schüler*innen dazu entschieden, zunächst weiter im Schulsystem zu bleiben. Erfreulich ist, dass trotz der Pandemie sogar mehr Schüler*innen in den Gemeinschaftsschulen einen Abschluss machten und eine Anschlussperspektive entwickeln konnten. Gering ist allerdings die Quote des Wechsels von der Schule direkt in die Ausbildung. Diese Entwicklungen und viele weitere Informationen sowie Statistiken und Grafiken sind dem 88 Seiten starken Bildungsreport zu entnehmen. Er steht jetzt im März in mehreren Ausschüssen der Ratsversammlung auf der Tagesordnung.
Immer mehr Schüler*innen erreichen einen Schulabschluss
Über 94 Prozent der Schüler*innen der Sekundarstufe I an den Gemeinschaftsschulen (854 Personen) haben nach dem letzten Schuljahr einen Schulabschluss erlangt, das beste Ergebnis seit vielen Jahren. „Angesichts der erschwerten Lehr- und Lernbedingungen aufgrund des langen Distanzunterrichtes ist das ein beachtliches Ergebnis. Darauf können alle sehr stolz sein", so Bildungsdezernentin Renate Treutel. „Das Engagement der Schulen war enorm hoch, ihre Schüler*innen trotz Pandemie gut zu einem Abschluss zu bringen", erklärt Treutel weiter.
Mit 59 Prozent (539 Personen) ist der Mittlere Schulabschluss (MSA) der häufigste in den Abschlussjahrgängen der Gemeinschaftsschulen. Das ist ein deutlicher Anstieg um 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Noch nie vorher haben prozentual so viele Schüler*innen die Gemeinschaftsschulen mit dem MSA abgeschlossen. Den Ersten Allgemeinbildenden Abschluss (ESA) haben 29 Prozent der Schüler*innen erlangt (262 Personen), eine Reduzierung um 6 Prozent gegenüber dem Schuljahr 2019/20.
Anschlussquote nach den Gemeinschaftsschulen über 95 Prozent
Im September 2021 hatten über 95 Prozent der Schüler*innen an den Gemeinschaftsschulen (869 Personen) eine Perspektive, wie es für sie nach der Schule weitergeht. „Das Netzwerk der Jugendberufsagentur mit allen Beteiligten ist auch diesbezüglich sehr erfolgreich", führt Treutel aus. Zu fast allen Schüler*innen ohne Anschluss bestand auch nach der Schule Kontakt seitens der Beratungsfachkräfte, damit die jungen Leute weiterhin bestmöglich unterstützt werden konnten. An den Regionalen Berufsbildungszentren hat sich die Quote der Schüler*innen der Berufsfachschule I mit Anschlussperspektive ebenfalls erhöht. Nach der Unterstufe hatten über 95 Prozent einen Anschluss (153 Schüler*innen), nach der Oberstufe lag ihr Anteil sogar bei über 98 Prozent (272 Schüler*innen).
Übergänge in Ausbildung weiter rückläufig
Bei den direkten Übergängen in Ausbildung setzt sich der seit vielen Jahren beobachtete Abwärtstrend fort. Nach dem Besuch der Gemeinschaftsschule nahmen nur 21 Prozent der Schüler*innen eine Ausbildung auf (192 Personen), genauer gesagt: 11 Prozent (100 Personen) eine duale und 10 Prozent (92 Personen) eine schulische. Die Zahl bei den dualen Ausbildungsaufnahmen ist die niedrigste seit Jahren.
„Die sinkende Zahl an Schüler*innen, die direkt nach der Schule eine Ausbildung aufnehmen, ist seit Jahren das große Sorgenkind in dieser wichtigen Phase von jungen Menschen. Verunsicherung durch die Pandemie und die fehlende praktische Berufsorientierung in den Pandemiemonaten haben diesen Trend leider noch verstärkt", bedauert Treutel. Dabei nimmt das Fehlen qualifizierten Nachwuchses in den Unternehmen deutlich zu. Die Kammern appellieren dringend, Ausbildungen wieder mehr ins Interesse der Jugendlichen zu rücken, damit dem schon jetzt deutlich spürbaren Fachkräftemangel besser entgegengewirkt werden kann.
Schneller Ausbau digitaler Infrastruktur
Ein besonderes Augenmerk im Bildungsreport gilt den vielen Anpassungen und Veränderungen aufgrund der Pandemie. Mit dem ersten Lockdown im März 2020 wurde das Lernen in Schule und Hochschule sehr plötzlich in die eigenen vier Wände verlegt. Homeschooling und Wechselunterricht haben in den letzten Monaten des Schuljahres 2019/20 und das gesamte Schuljahr 2020/21 über beziehungsweise an den Hochschulen drei Semester lang das Lernen bestimmt. Nicht alle jungen Menschen hatten dafür die erforderliche Ausstattung oder entsprechende Rahmenbedingungen.
Um Schüler*innen die Teilnahme am Distanzlernen zu ermöglichen, verteilte die Landeshauptstadt Kiel als Schulträgerin über 7.500 Laptops oder Tablets an diejenigen Schüler*innen der allgemeinbildenden Schulen, die über kein eigenes Gerät verfügten. Gefördert wurde die digitale Ausstattung über Landesmittel. Die Regionalen Berufsbildungszentren wurden ebenfalls finanziell unterstützt und konnten weitere 3.000 Laptops oder Tablets an ihre Schüler*innen ausgeben. Über das Jobcenter wurden rund 900 weitere Geräte bezuschusst. Zudem wurden der Glasfaserausbau und die Versorgung der Schulen mit WLAN vorangetrieben, sodass nach anfänglichen Startschwierigkeiten das Lernen auf Distanz funktionierte.
Jugendliche und junge Menschen fühlen sich stark belastet
Die langen Monate der Pandemie haben ihre Spuren hinterlassen. Jugendliche und junge Menschen fühlen sich durch die Einschränkungen und Kontaktreduzierungen sehr stark belastet. Studien belegen: Depressive Verstimmungen, Zukunftsangst und Einsamkeit haben bei jungen Menschen stark zugenommen. Zusätzlich belasten familiäre Probleme viele Jugendliche. „Unsere Beratungseinrichtungen berichten von einem erhöhten Beratungs- und Unterstützungsbedarf bei den Jugendlichen", so Treutel. Um dem zu begegnen, wurden beispielsweise die Schul- und die Jugendsozialarbeit an den Schulen mit Landesmitteln ausgeweitet. „Die gute Vernetzung in der Kieler Bildungslandschaft ermöglicht es uns, in Krisenzeiten gemeinsam und schnell auf solche Entwicklungen zu reagieren", führt Treutel weiter aus.
Ausfall von Praktika erschwert die berufliche Orientierung
Der Bereich der beruflichen Orientierung wurde überwiegend ins digitale Format verlegt. Vielfältige Informationsplattformen, digitale Ausbildungsmessen und digitale Lehrstellenrallyes boten Jugendlichen die Möglichkeit, sich eigenständig oder im Austausch mit Berater*innen und Unternehmen zu orientieren. Was jedoch in hohem Maße ausgefallen ist, sind Praktika, Berufsfelderprobungen und Praxistage. Es fehlte das direkte Erleben im Praxisbetrieb und der persönliche Austausch, um die neuen Erfahrungen zu reflektieren und einzusortieren.
Dies hat eine direkte Auswirkung auf den weiteren Verbleib der Schüler*innen aus den Abschlussjahrgängen: Ein noch höherer Anteil von ihnen als in den Jahren zuvor hat sich dafür entschieden, länger in der Schule zu bleiben – sei es durch den Wechsel an ein Berufliches Gymnasium nach der Gemeinschaftsschule oder durch die Wiederholung von Klassenstufen beziehungsweise Bildungsgängen.
Perspektive duale Ausbildung
Für manche junge Menschen mag der weitere Schulbesuch die sicherere Wahl gewesen sein, obwohl der direkte Weg in eine Ausbildung zielführender für den Berufsweg gewesen wäre. Die Jugendberufsagentur Kiel möchte sie daher noch intensiver dabei begleiten. So will die JBA die jungen Menschen mit einem neuen jugendgerechten Social-Media-Auftritt direkter ansprechen, um sie für eine duale Ausbildung zu gewinnen. Parallel dazu wird eine engere Kooperation von Gemeinschaftsschulen und Regionalen Berufsbildungszentren vorangetrieben. Ziel ist es, beispielsweise durch die Nutzung von Werkstätten eine Ausbildung schon in den Gemeinschaftsschulen für Schüler*innen erlebbarer und interessanter zu machen.
Verantwortlich für diesen Pressetext:
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Redaktion dieser Meldung: Arne Gloy,
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